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Arbeitsrecht 2019

Das neue Jahr bringt im Arbeitsrecht ein paar Änderungen und Neuerrungen, die beachtet werden müssen.

Der Mindestlohn, der 2015 eingeführt wurde und ursprünglich mal 8,50 € betragen hat, soll alle zwei Jahre angepasst werden, § 9 Abs.1 Satz 2 MiLoG. Die zuständige Kommission hat in 2017 den Mindestlohn das erste mal angehoben auf 8,84 €. Danach wurde mit Beschluss der Kommission vom 26.06.2018 eine Erhöhung in zwei Schritten empfohlen, nämlich zunächst zum 01.01.2019 auf 9,19 € und ab dem 01.01.2020 auf 9,35 €. Diese Empfehlung ist so umgesetzt worden.

Außerdem wurde die jüngere Mitarbeiter benachteiligende Regelung in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB zur Kündigung gestrichen. In § 622 BGB sind die gesetzlichen Kündigungsfristen geregelt. In Abs. 2 Satz 2 wurde jedoch geregelt, dass diese Verlängerung der Kündigungsfristen abhängig von der Dauer der Beschäftigung nicht für Arbeitnehmer unter 25 Jahren gelte. Diese sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer verstößt gegen die Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000, wonach eine unzulässige Altersdiskriminierung vorliegt. Daher bestand unter Juristen seit Jahren Konsens, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht mehr anzuwenden ist. Nun hat sich auch der Gesetzgeber endlich dazu durchgerungen, diese nicht mehr anzuwendende Norm zu streichen.

Außerdem hat der Gesetzgeber eine Neuerung eingeführt, nämlich die sog. Brückenteilzeit. Bisher hat es zwar schon die Möglichkeit gegeben, in Betrieben mit mehr als 16 Arbeitnehmern seinen Arbeitgeber um eine Reduzierung der Arbeitszeit zu bitten. Doch gab es aus dieser Reduzierung kein verbrieftes Rückkehrrecht. Wenn man Pech hatte, blieb es bei der verringerten Arbeitszeit ohne die Möglichkeit, wieder auf die alte Stundenzahl zu erhöhen. Durch das "Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts - Einführung einer Brückenteilzeit (BT Drucks. 19/3452)" ist das ab dem 01.01.2019 anders. Wer sich für eine Verringerung seiner Arbeitszeit entscheidet, hat ab Januar 2019 das Recht, später wieder zu seiner bisherigen Arbeitszeit zurückzukehren. Die Brückenteilzeit kann für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr und höchstens fünf Jahren in Anspruch genommen werden. Der Anspruch ist in einem neuen § 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) enthalten und gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab einer Betriebsgröße von 46 Mitarbeitern.

Schließlich hat der Gesetzgeber eine ihm durch das Bundesverfassungsgericht Mitte 2017 auferlegte Nachbesserung im Tarifrecht umgesetzt. In § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG wurde eine Ergänzung eingeführt, die die Mitglieder eines im Betrieb vorhandenen Minderheitstarifvertrags erfassen. Zur Erinnerung: In 2015 hat der Gesetzgeber mit § 4a TVG ein Novum eingeführt in der Absicht, die Tarifvertragslandschaft zu harmonisieren. In Betrieben, in denen mehrere Tarifverträge bei unterschiedlichen Arbeitnehmern anzuwenden wären, sollte nur noch der Mehrheitstarifvertrag für alle Mitarbeiter gelten. Das sollte die Rechtssicherheit und Transparenz erhöhen, führte aber auch dazu, dass kleinere Gewerkschaften an Bedeutung eingebüßt haben, weil ihre Tarifabschlüsse aufgrund der niedrigeren Mitgliederzahl nicht mehr überall umgesetzt wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Neuregelung als grundsätzlich verfassungskonform eingestuft, jedoch Nachbesserungen gefordert um die Mitglieder der Minderheitentarifverträge besser zu schützen. Deren Tarifabschlüsse sollten nicht einfach unter den Tisch fallen sondern im Fall konkurrierender Tarifverträge inhaltlich einbezogen werden. Wenn deren Interessen im Mehrheitstarifvertrag nicht hinreichend und ernsthaft berücksichtigt wurden. Die Anpassung des Gesetzgebers mutet stilistisch einigermaßen halbherzig an und ist tatsächlich nur eine den Mindestanforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügende Anpassung. Doch sie bietet im Streitfall wenigsten einen Hebel, um tarifrechtlich benachteiligten Mitarbeitern zu helfen. Wie so oft bleibt die konkrete Ausgestaltung der Rechtsprechung überlassen.

Martin Becker
Rechtsanwalt und Mediator, Winfried Becker & Partner, Lemgo